Straßburgs Genussküche: Es fängt schon mit der Rechtschreibung an: In deutschen Atlanten steht Straßburg, in französischen Strasbourg – dabei zerschmelzen solche sprachlichen Nebensächlichkeiten buchstäblich auf der Zunge, wenn man in einer kleinen Winstub sitzt, dabei Bratkartoffeln mit Bibeleskäs, Pâtes oder Tourte vigneronne genießt. Auf der kulinarischen Seite würden nicht wenige Straßburg als lukullische Hauptstadt des ganzen Elsass betrachten. Grund genug, auf den folgenden Zeilen einen tieferen Einblick in die Stadt und ihre Leckereien zu geben.
Straßburgs Genussküche: So fern von Haute cuisine
2017 ist es schon 72 Jahre her, dass das Elsass letztmalig den „Besitzer“ wechselte. Der ewige Zankapfel zwischen Frankreich und Deutschland wurde endgültig wieder der Grande Nation angegliedert, seine beiden Départements erwuchsen zu Frankreichs kleinster Region. Kulturell zeigt sich das deutlich: Das warm in den Ohren klingende Elsässische sprechen heute nur noch wenige, Französisch hielt hier überall Einzug.
Kulinarisch behielten sich die Region und auch ihre Hauptstadt jedoch die Eigenständigkeit: Die große französische Küche samt ihrer Verspieltheit, der Komplexität (und der kleinen Portionen) fand hier niemals einen nährenden Untergrund. In Straßburgs Küche herrscht nach wie vor rustikale Herzlichkeit vor. Keine überkomplexen Geschmackskompositionen, keine exotischen Zutaten, dafür aber die klassisch-erfolgreiche Kombination „Lecker und viel“.
Wer hier schlemmen will, kommt nicht um Sauerkraut herum. Allerdings ist das weniger „sumpfig“, weniger feucht als der deutsche Verwandte. Im Gegenteil, die angeblich im Elsass abwesende französische Küchen-Klasse ist in dieser trockeneren aber nicht minder aromatischen Sauerkraut-Variante sogar brillant wiedergegeben. Deutsche Krautkultur trifft hier auf französische Küchen-Finesse. Heraus kommt ein Sauerkraut, das in Straßburg als Unterlage für allerlei Fleisch- und Wurstsorten dient.
Der Wein-Papst Robert Parker, dessen Wine Advocate heute als eines der wichtigsten Magazine für Weinkenner gilt und der mit seinem 100-Punkte-Schema eine vielgelobte und –kritisierte Bemessungsgrundlage für Weinqualität erschuf, traf Ende der 70er bei einem Straßburg-Aufenthalt erstmals auf französischen Wein und hatte hier eine Art „Erweckungserlebnis“.
Winstubs gegen den Hunger
Winstub – Weinstube. Was man sprachlich unschwer als Ergebnis deutsch-französischer Elsass-Streitereien erkennen kann, ist in Straßburg tatsächlich die Seele der Gastronomie. Klein, rustikal, gemütlich, so sehen sie alle aus. Wie viele Winstubs es in der Stadt gibt, lässt sich nur schätzen. Gefühlt aber sind es hunderte. Und das macht es für unbedarfte Touristen auch zum Problem: Manche davon sind schlichtweg überteuerte Touri-Fallen.
Besser ist es, man hält sich an die Empfehlungen des Guide Michelin. Dort findet sich beispielsweise das Chez Yvonne oder die Winstub le pfifferbriader. Beides Vertreter ihrer Gattung, die sich vor allem durch hochwertige Zutaten von der Konkurrenz abheben. Wer es richtig traditionell-elsässisch haben will, bestellt in den Etablissements Wädele. Das ist eine kleine Schweinshaxe, die meist auf Choucroute drapiert serviert wird. Wer es weniger fleischig möchte, dem sei Tarte à l’oignon, der berühmte Elsässer Zwiebelkuchen ans Herz gelegt.
Nach wie vor: Bier
Nicht, dass es im Elsass im Allgemeinen und Straßburg im Besonderen keine guten Weine geben würde. Das wäre eine ganz und gar falsche Behauptung. Aber es ist eben eine Tatsache, dass Braukunst in Straßburg eine lange und wahrhaft gehaltvolle Geschichte hat. Noch heute, so munkelt man, wird in der Region nicht nur über die Hälfte alles in Frankreich verkauften Biers gebraut, sondern auch getrunken.
All die großen Brauereinamen, die man mit Bier verbindet, sie finden sich hier: Fischer, Heineken, Karlsbrau, Kronenbourg, Meteor haben ihren Sitz in oder um Straßburg herum. Darin zeigt sich aber auch etwas: Denn die Zeiten, an denen in Straßburg praktisch an jeder Ecke gebraut wurde, sind vorbei – und doch auch irgendwie nicht.
Denn gerade in der Stadt mit der langen Brautradition erleben gerade die Mikrobrauereien einen regelrechten Höhenflug und ihre Erzeugnisse werden auch von deutschen Bier-Gourmets in den Himmel gelobt. Generell gibt es Bier zwar in allen Restaurants und Winstubs, wer es aber explizit auf die kleinen Köstlichkeiten abgesehen hat, muss nach Brasseries Ausschau halten, am besten solchen, die Selbst zu den Mikrobrauereien gehören. Das sind rustikale Gaststätten, oftmals was die Menüs anbelangt sogar deckungsgleich mit den Winstubs, aber eben mit einem größeren Schwerpunkt auf Bier.
Schon gewusst? Das Wahrzeichen der Stadt, das Straßburger Münster, wurde durch seine jahrhundertelange Bauzeit und die vielen beteiligten Baumeister zu einem Gebäude, in dem sich mehrere architektonische Stile, die eigentlich als unvereinbar gelten, dennoch zu einem harmonischen Gesamtbild zusammenfügen. Und eigentlich war auch ein zweiter Turm geplant, der jedoch nie errichtet wurde.
Straßburgs Genussküche: Gerichte zum Nachkochen
Je nachdem, wo man wohnt, ist Straßburg weit weg. Kein Problem, denn die kulinarischen Spezialitäten lassen sich auch zuhause nachkochen. Im Folgenden haben wir drei der typischsten Gerichte gesammelt.
Kougelhopf (Gugelhupf)
Frühstück ist in Straßburg wie in ganz Frankreich weniger üppig als bei uns. Im krassen Gegensatz dazu steht jedoch der Kougelhopf, der traditionell Sonntagmorgens genossen wird. Dazu mischt man 30g Hefe mit 150ml lauwarmer Milch und einem TL Zucker und lässt die Mixtur zehn Minuten gären. Dann vermengt man 500g Mehl mit 2 TL Salz, 80g Puderzucker und formt in der Mitte eine Kuhle. Dort hinein kippt man die Hefemilch und verrührt dann alles mit dem Knethaken, während man 50g Mandeln, 50g Rosinen und 1 Schnapsglas Kirschwasser hinzugibt.
Anschließend den Teig in eine Gugelhupf-Form geben, eine halbe Stunde gehen lassen und dann bei 200°C für 35-45 Minuten backen.
Straßburgs Genussküche: Lewerknepfle (Leberknödel)
Um die Leberknödel zu machen, müssen 800g Kalbsleber und 600g Kalbsfleisch durch die feinste Scheibe eines Fleischwolfs gedreht und gut vermengt werden. Dann werden 1 Zwiebel und 4 Knoblauchzehen fein gewürfelt und zusammen in etwas Butter glasig angedünstet. Diese kommen dann zusammen mit 2EL Salz, Pfeffer, Muskatnuss und 1 Bund gehackter Petersilie in die Kalbsfleischmasse. Zusammen mit 100g Paniermehl wird das Ganze nun mit dem Knethaken sorgfältig vermischt. Dann schlägt man 3 Eier schaumig, kippt sie hinzu und mischt erneut. Während die Masse für 30 Minuten zieht, Wasser kräftig salzen und zum Kochen bringen. Mit der Hand Klöße formen und sie darin rund 10 Minuten ziehen lassen.
Straßburgs Genussküche: Tourte vigneronne (Winzerpastete)
Die Straßburger Winzerpastete ist ziemlich deftig und benötigt auch idealerweise einen Tag Vorlaufzeit. Am Abend zuvor würfelt man 250g Kalbfleisch von der Schulter und 250g Schweinefleisch vom Hals. Dann werden 50g Schalotten gehackt und in Butter glasig gebraten. Nun werden 100ml Hühnerbrühe in einem Topf gemischt und auf etwa 1/3 reduziert. Vom Feuer nehmen und mit 80ml Weißwein, Pfeffer und Salz vermischen. Dann wird das Fleisch hineingekippt und über Nacht im Kühlschrank mariniert (mindestens 12 Stunden).
Am nächsten Tag aus 200g Mehl, 100g Butter, 1 Ei und einer Prise Salz einen Mürbeteig kneten und diesen für 1 Stunde kühl ruhen lassen. Unterdessen die Marinade abschütten und das Fleisch mit 70g Speckwürfeln, 1El Crème fraîche und einer fein gehackten Scheibe Toastbrot vermischen. Dann mit dem Teig in einer Springform einen Boden ausformen und ihn bis über den Rand ziehen. Dort hinein wird die Fleischmasse gekippt und mit gehackter Petersilie bestreut. Für den Deckel kann tiefgefrorener Blätterteig genommen werden. Dann den Ofen auf 230°C vorheizen und die Pastete für 15 Minuten vorbacken. Nun auf 180°C reduzieren und für weitere 35 Minuten backen.