Gault Millau aktuelle Restaurantbewertungen für Baden-Wuerttemberg

Aufsteiger im neuen Gault Millau 2010: Armin Karrer in Fellbach, Markus Philippi in Meersburg und Patrick Spies in Pfinztal / Melanie Wagner aus Oberbergen ist „Sommelier des Jahres“/ Henry-Oskar Fried aus Tonbach kreierte das „Menü des Jahres“/ Otto Fehrenbacher aus Lahr führt die „Kochschule des Jahres“.

Drei Baden-Württemberger steigern sich in der jetzt erscheinenden Deutschlandausgabe 2010 der französischen Gourmet-Bibel Gault Millau in die Klasse der Köche mit „höchster Kreativität und bestmöglicher Zubereitung”. Armin Karrer begeistert im Restaurant „Zum Hirschen” in Fell-bach „durch lackiertes Kalb mit Dattelsenf, Rettich, Brunnenkresse, Kartoffel-carré und tiefem Jus“.

Markus Philippi beeindruckt im „Casala” in Meersburg „mit der eher seltenen Fähigkeit, das Zeitgemäße vom bloß Modischen zu unterscheiden und durch Blüten- und Kräutersalate, die oft nur dekorativ sind, hier aber gleichermaßen Farbe, Frische und Würze verleihen“. Patrick Spies zelebriert in der „Villa Hammerschmiede” in Pfinztal „stilsicher und originell eine leichte Haute cuisine, die mutig Aromenakkorde einsetzt, wie würzigen Gulaschsaft zum festen Seeteufel auf Zitronenrisotto“. Dafür erhalten sie im Guide, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, 17 von 20 möglichen Punkten.

Auch der im Vorjahr wegen „mancher Durchhänger“ abgewertete Rolf Straubinger vom „Staufeneck” in Salach erreicht wieder 17 Punkte, weil er „engagiert bis besessen einen opulenten Mix des Mediterranen und der Moderne (öfters mal mit regionalem Akzent) kocht, der heuer wieder die reine Harmonielehre bot“.

Auf 16 Punkte verbessern sich Norbert Dobler vom „Dobler’s“ in Mannheim, Sascha Fehrenbach vom „Landgasthof am Königsweg“ in Kirchheim/Teck, Bernd Huber vom „Castello“ in Donzdorf, Ernst-Karl Schassberger vom „Ernst Karl“ in Kaisersbach/Ebnisee und Sascha Weiß von der „Krone“ in Bad Kro-zingen.

Platz 1 der kulinarischen Hitparade des Gault Millau in Baden-Württemberg hält seit nunmehr 20 Jahren der „in sich selbst ruhende, zu ungeheurer Kon-zentration und Disziplin fähige“ Harald Wohlfahrt von der „Schwarzwaldstube“ in Baiersbronn-Tonbach. Er „weiß die klassisch französisch basierte Küche immer wieder um neue Reize zu bereichern und in neue Tiefen auszuloten“ und ist mit „seiner Küche deshalb stets auf der Höhe der Zeit, weil sie im Grunde von großer Zeitlosigkeit ist, ähnlich einem Bühnenstück von Shakespeare, das in der Essenz so stark und wahrhaftig ist, dass es sich jeden Zeitlauf und jede Mode mühelos einzuverleiben versteht und immer aktuell bleibt“. Für Gerichte wie flüssiges Wachteleigelb in gestocktem Eiweiß mit Impérialkaviar auf Zwie-bellauchcrème geben ihm die Kritiker wieder 19,5 Punkte.
Der Kochkönig im Ländle (und in Deutschland) hat 6 Kronprinzen, die ihre 18 Punkte aus dem Vorjahr souverän verteidigen:

• Josef Bauer vom „Landgasthof Adler“ in Rosenberg „gelingt es immer wie-der, gerade schlichte Produkte durch eine Würzung, durch eine Zutat oder auch nur durch einfachste artgerechte Behandlung so zu optimieren, dass man schwören würde, man habe dergleichen noch nie gegessen“.
• Albert Bouley vom „Waldhorn“ in Ravensburg „beherrscht die Aromen der Welt vom Bodensee-Saibling mit Kartoffel-Senfschaum über die Düfte der Provence bis zu Pfirsich-Sushi“.

• Bernhard Diers von der „Zirbelstube“ in Stuttgart „bleibt mit seiner Küche jung und beschwingt und ist beim Fisch nach wie vor hierzulande einer der allerbesten Köche“.
• Claus-Peter Lumpp vom „Bareiss” in Baiersbronn-Mitteltal „begleitet hervor-ragendes gebratenes Kalbsbries auf luftigem Kartoffelstampf von dezentem Raucharoma mit limonenfrischer Kapernsauce“.

• Wolfgang Raub von „Raub’s Restaurant“ in Kuppenheim „bereitet in seinem schier grenzenlosen Essvergnügen auch eine dicke mit fast rohen Langusti-nen gefüllte Seezungen-Rolle auf Salat von Papaya, Mango und rosa Grape-fruit im asiatisch gewürzten Krustentierfond; eskortiert von einer gebratenen Langustine“.
• Jörg Sackmann vom „Gourmetrestaurant Schlossberg“ in Baiersbronn-Schwarzenberg „spielt weiterhin virtuos mit Aromen und exotischen Zutaten, spritzt Perlhuhn Aprikosenconfit unter die krosse Haut und serviert es im Oli-ven/Gemüse-Sud mit Lauchgalette auf Couscous“.

Damit stehen von den 110 besten deutschen Köchen (die mit 17 bis 19,5 Punkte bewertet sind) 20 in Baden-Württemberg am Herd – das bedeutet Platz 1 in der kulinarischen Bundesliga vor NRW mit 18, Bayern mit 17 und Berlin mit 11 Köchen.

Das „Menü des Jahres“ ist den „Aromen Afrikas“ gewidmet, weil der „einzige kulinarisch noch unerschlossene Kontinent mit der Fußball-WM 2010 in Südafrika in aller Munde sein wird“.

Der „selbst dem simpelsten Gericht das gewisse Etwas verleihende“ Henry-Oskar Fried von der „Köhlerstube“ in Baiersbronn-Tonbach präsentiert in 8 Gängen beispielsweise Guinea-Perlhuhn, marokkanische Datteln, scharfen Ba-nanensalat aus Gambia sowie Milchziege mit Harissa, Kaktusfeigen und Mais-kuchen mit Raz el hanout.

Dass in Baden-Württemberg nicht nur vortrefflich gekocht, sondern auch gast-freundlich bewirtet wird, demonstriert die Ehrung von Melanie Wagner aus dem „Schwarzen Adler“ in Oberbergen bei Vogtsburg als „Sommelier des Jahres“. Als „gelernte Winzerin vom Kaiserstuhl mit Wein bestens vertraut, empfiehlt sie aus einem der fulminantesten Keller der Republik kenntnisreich und unaufdring-lich gern deutschen Riesling und reife Bordeaux zu den Gerichten“.

Als „Kochschule des Jahres“ kürt der Guide das „vorbildlich eingerichtete, sehr modern designte Kochstudio“ des „Adlers“ in Lahr, in dem Otto Fehrenbacher „seinen reichen Erfahrungsschatz preisgibt – von der badisch-elsässischen Tra-dition bis zum Fingerfood mit Pfiff“.

Die Tester beschrieben und bewerteten dieses Jahr insgesamt 173 Restaurants in Baden-Württemberg. 156 Küchenchefs zeichnen sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus, wofür die Könner am Herd mindestens 13 von 20 möglichen Punkten erreichen müssen, was einem Michelin-Stern nahe kommt. Das schaffen unter den neu eröffneten oder erstmals bewerteten Restaurants der „Hirsch“ in Fellbach, „Zum goldenen Engel“ in Glottertal, das „Gui“ in Stuttgart (14 Punkte) sowie „Reinecker’s Dorfstube“ in Bretzfeld bei Heilbronn (13 Punkte). Die höchste Bewertung aller Newcomer erreicht das „Amesa“ in Mannheim mit 16 Punkten, weil die 27-jährige Caroline Baum (zuvor 5 Jahre lang Sous-Chefin beim Molekularküchen-Pionier Juan Amador hier in dessen Zweitrestaurant) „Klassiker der deutschen, französischen, italienischen und spanischen Küche spannend und ästhetisch anspruchsvoll auf moderne Art interpretiert“.

Im Vergleich zur Vorjahrsausgabe serviert der wegen seiner strengen Urteile und deren zuweilen sarkastischer Begründung von den Köchen gefürchtete, von den Gourmets mit Spannung erwartete Gault Millau im Ländle 34 langweilig gewordene Restaurants ab und nimmt 8 neu auf, 22 wurden höher, 24 niedriger bewertet; 8 Küchenchefs verlieren die begehrte Kochmütze.

Als zusätzliche Schmankerl bewertet der im Münchner Christian Verlag erschei-nende Reiseführer für Genießer (822 Seiten, 29,95 €) die Restaurants des TUI-Kreuzfahrers „Mein Schiff“ und zählt auf, was deutsche Köche derzeit in ihrem modischen Wahn vom Apfelpüree über Kartoffelsalat bis zu Walnüssen alles räuchern. Ferner beschreibt und klassifiziert der Guide 365 Hotels.


Die besten Restaurants des Gault Millau in Baden-Württemberg

19,5 Punkte:
1. Schwarzwaldstube in Baiersbronn-Tonbach,

18 Punkte:

2. Bareiss in Baiersbronn-Mitteltal,
Gourmetrestaurant Schlossberg in Baiersbronn-Schwarzenberg,
Raub’s Restaurant in Kuppenheim bei Baden-Baden,
Waldhorn in Ravensburg,
Landgasthof Adler in Rosenberg bei Crailsheim,
Gourmet-Restaurant Zirbelstube in Stuttgart,

17 Punkte:
8. Park-Restaurant in Baden-Baden,
Landhaus Feckl in Ehningen bei Stuttgart,
Zum Hirschen in Fellbach*,
Colombi in Freiburg,
Berghotel Baader in Heiligenberg bei Meersburg,
Da Gianni in Mannheim,
Casala in Meersburg*,
Zirbelstube in Bad Mergentheim,
Villa Hammerschmiede in Pfinztal*,
Staufeneck in Salach*,
Eisenbahn in Schwäbisch Hall,
Flohr’s Restaurant in Singen.

Pressetext via Gault Millau.